Hier kommt er. Der Bericht. Das versprochene Résumé unseres Baumi-Road-Tripes von vor mehr als einem halben Jahr ;). Ein Résumé mit Zahlen und Fakten und einem kleinen FAQ. Yeppp, ein halbes Jahr später. Ok, mehr. Weil Leben. Doch vielleicht ist es gar nicht so schlecht Erlebtes setzen zu lassen. Erinnerungen fühlen sich nämlich später als zum erlebten Zeitpunkt oft klarer und eindeutiger an. So let's go...
TRIP
Mäni und ich haben beide keine Campingerfahrung, auch sind wir als Kind nie so richtig professionell ;) zum campen gefahren. Und einmal mehr hatte ich dieses Bild im Kopf. Dieses romantische. Diese zig Instagram-/Pinterest-eingeprägten Filter-Bilder. Hinzu kam, dass campen im Kindesalter eine wahnsinns-Kindheitserinnerung sein muss. Das dachte ich zumindest. Also wollte ich (ja, vor allem ich ;) diese eben unseren Menschenskindern mitgeben - weiter unten, ob es sich bewahrheitete oder nicht.
Auch war mir bewusst, dass wenn, dann wann denn sonst, wenn nicht jetzt. Auch in Bezug auf anstehende Entwicklungsschritte (Pubertät), und dass alle irgendwann nicht mehr Lust auf soviel Nähe haben würden. Da war auch noch ein Plan B, der sich vielleicht auch noch in Zukunft erfüllen lässt. Deshalb blieben wir bei Plan A und machten uns auf die Suche nach einem Camper-Gefährt, welches für sieben Menschen Platz bietet.
CAMPER
Ein Unterfangen. Weil gar nicht so einfach und mit einer Menschenanzahl von für sieben Personen nicht sehr oft vorhanden, ämel in der Schweiz. So sind wir beim Fingerkuppen wundgooglen auf den Forster A699 VB aufmerksam geworden - bei Steiners Wohnmobile.
MIETE
Ursprünglich wollten wir ein Jahr lang weg. Dann ein halbes Jahr, dann ein paar Monate schlussendlich wurden es vier Wochen. Für vier Wochen Camper-Miete bezahlten wir total CHF 4'860.00. Reisezeitpunkt: September/Oktober.
BUDGET
Wir waren insgesamt 28 Tage unterwegs. Durchschnittlich gaben wir für alle anfallenden Kosten (Tanken, Autobahngebühren, Essen, Stellplätze) total EUR 4'248.00 aus - was pro Tag durchschnittlich EUR 151.70 macht exkl. die Campermiete. Das klingt nach viel - ist es auch, aber hin und wieder genossen wir auswärtiges Essen - weil Zmorge, Zmittag, Znacht auf zwei Gasplatten zu kochen nicht ohne ist - obwohl ichs lieb mit Gas zu kochen, aber evlt. auf etwas mehr als 0.05m2. Ich glaube, das war so unser Luxus, den wir uns gönnten. Aber auch, weil wirs lieben auswärts essen zu gehen und dabei Kultur von Land und Leute spüren, oft auch mit schönen Begegnungen.
ROUTE
Auch hier waren wir uns erst nicht schlüssig - drei Monate vor Abreise lautete unsere Route: Schweiz, Albanien und via italienischem Stiefel zurück. Da wir dafür Pässe benötigt hätten (notebene für alle sieben Menschen - geit haut scho iz Gäud ;), wir uns unsicher bezüglich Strassenverhältnissen waren und vor allem aufgrund mangelnder Camping-Erfahrung, entschieden wir uns für die Route in die entgegengesetzte Richtung: Schweiz via Frankreich, Spanien bis nach Portugal und zurück.
Aber auch diese Route verlief anders als geplant. Grund waren damals die hiessigen Waldbrände in Portugal und das Wetter. So führte uns der Weg nach dem Weissenstein ;) via Frankreich, quer durch Spaniens Landesinnere, Portugal, Nordspanien, Frankreich und wieder zurück in die Schweiz.
STOPPS
Hier all unsere Stopps in einem Flow... FRANKREICH: Lac de Sillé, Ars-en-Ré, Dune du Pilat. SPANIEN: Bilbao, Salamanca, Isla Cristina. PORTUGAL: Falesia, Salema, Zambujeira do Mar, Praia de Azul, Praia da Foz do Arelho, Gafanah da Boa Hora. SPANIEN: Sanxenxo, Puerto Tapia de Casariego, Lianes La Paz. FRANKREICH: Moliets et Maa, Montignac.
KILOMETER
In diesen vier Wochen legten wir 6'179 Kilometer zurück. Das war viel. Rückblickend zu viel und mehr Zeit wäre gut gewesen. Hinzu kam, dass man mit einem Gefährt in dieser Grösse nicht wie via Google Maps angezeigt die Strecke in dieser Dauer zurücklegt, sondern je nach Strecke zwei bis drei Stunden länger brauchten - was wir bei der Planung nicht berücksichtigten. Was mich zum nächsten Punkt führt.
DIESEL
Ein grosser Teil unseres Ferienbudgets ging aufs Tanken. So ein Gefährt schluckt. Viele. Tanks. Auch unterschätzt. Hinzu kam, dass Google Maps die schnellste Route angibt, welche aber nicht immer die Richtige für ein 3,5t-Gefährt ist. So hatten wir unser grösstes Learning unserer Reise gleich zu Beginn: Google Maps führte uns tatsächlich mit DIESEM GEFÄHRT ÜBER DEN WEISSENSTEIN. Gottlob kam uns nur ein Auto entgegen ;). Insgesamt gaben wir nur fürs Tanken für den gesamt Trip 1'034.00 EUR aus - was rund 25% unseres Reisebudgets ausmachte.
ÜBERNACHTUNGEN
Teilweise übernachteten wir sehr günstig oder auch mal kostenlos - vor allem im Norden Portugals und Spaniens. Wir gaben durchschnittlich pro Übernachtung 22.00 EUR - also Total EUR 601.00 aus. Zu Beginn waren wir zurückhaltend was Park4Nights-Stellplätze angingen und fühlten uns auf einem Campingplatz wohler resp. es gab Reiseabschnitte, da standen auch nicht viele oder passende Park4Night-Stellplätze zur Verfügung (und wir waren ganz ehrlich auch nicht ganz anspruchslos ;).
Gegen das Ende unseres Trips hin wurden wir immer mutiger und flexibler ;) und zum Schluss hin buchten wir oft die Übernachtung ohne Strom und Wasser. Auch liess sich meist verhandeln (evlt. weil gegen Ende Saison). Campen ist nicht günstig - also ämel nicht für eine Grossfamilie. Oft wurden die Menschenskinder alle einzeln berechnet. Aber auch da erlebten wir viel Grosszügigkeit, und dass uns Spezial-Deals unterbreitet wurden oder den ACSI-Rabatt abgezogen, obwohl wir die Karte nicht hatten - eine solche Mitgliedschaft hätte sich evtl. gelohnt.
FIRST DAY
Um gleich etwas voran zu kommen, legten wir am ersten Reisetag zehn Stunden zurück. Das war semi-optimal - würden wir aber wie ich uns kenne wieder so machen. Zyklustag 1 machte es auch nicht einfacher, die Elektronik, die uns herausforderte und das "Gaggi-Hebeli", welches wir vergassen in die richtige Richtung einzustellen. Auch lief die Übergabe des Gefährts etwas unter Zeitdruck da bei uns zu Hause ab Mittag aufgrund eines Stadtlaufs unsere Zufahrtsstrasse gesperrt wurde. D.h. der erste Tag richteten wir das Gefährt in Ruhe ein (würden wir wieder so machen) und fuhren dafür sehr früh am zweiten Tag los.
APPS
Wie bereits erwähnt - Google Maps war die App, welche wir am meisten benutzten während der Reise. Wir fanden so sehr sehr viele Bijous an Restaurants, Städtchen oder Stellplätzen. Es war aber auch ermüdend diese ständige Sucherei - Zoom in und Zoom out sag ich nur - aber vorab alles zu planen wäre irgendwie auch nicht unser Stil ;).
Für die Suche nach Stellplätzen jeweils folgendes eingeben... Für Frankreich: Aire de Camping. Für Spanien: Autocaravana. Für Portugal: Area Autocaravanas. Park4night war eine weitere App, die uns hin und wieder zu sehr tollen Plätzen führte.
TIPPS
Auf Instagram habe ich vor unserer Reise eine Umfrage gestartet für Tipps und Tricks. Da wurde mir empfohlen - möglichst wenig mitzunehmen - was wir auch taten und womöglich noch weniger hätten einpacken können. Vor allem was Kleidung anbelangte. Möglichst nicht jeden Tag zu reisen war auch ein Tipp, den wir oft aufgrund Wetterumschläge nicht beherzigen konnten. Oder der Pancake-Tipp. Vorbereitete Mischungen wo nur noch Eier und Milch hinzugefügt werden mussten, was uns einige schöne Zmorge's bereitete. Hin und wieder besuchte ich auch den Blog von Debo Brico.
AUTOBAHNGEBÜHREN
Frankreich rupft ;). Und ist weitab teurer als Spanien und Portugal. Insgesamt gaben wir für die Autobahngebühren EUR 535.75 aus. In Portugal gilt ein eigenes System (free-flow-system), das wir erst ein paar Tage später als wir bereits in Portugal einreisten realisierten. Auch weil die "Hüslis" immer leer waren. Das Kennzeichen des Gefährts wird auf der Autobahn fotografiert. Wir haben uns nachträglich dann online registriert. Bis jetzt kam keine Busse ;).
DON'T FORGET
Die Zahnspange eines Menschenskindes legte eine Staubschicht zu Hause an, während wir rumreisten, der Zahnarzt war auf seinem Drehstüehli semi-amused, weil sich der Biss in die falsche Richtung verschob ;). Holen wir wieder auf (vielleicht).
10 BAUMI-GEBOTE
Als wir losfuhren waren wir alle voller Euphorie und vereinbarten miteinander zehn Baumi-Gebote. Irgendwie vergassen wir die nach drei Tagen...
FAMILY LIFE
Diese Reise hat uns verwundbar gemacht, uns an unsere Grenzen gebracht und gleichzeitig gezeigt was unter diesen Umständen alles möglich ist. Wir haben sehr viel und oft gestritten. Frust und Glück wechselten sich verwirrend nah beieinander ab, was irgendwie ermüdend war.
So in unseren Baumi-Flow kamen wir glaub ich nie wirklich wie wir es sonst gewohnt sind in unseren Ferien. Aber es waren ja auch keine Ferien, sondern ein Abenteuer. Eine Familie auf reisen. Und irgendwie war dies dann doch eine Art Flow - anders halt - diese Gleichzeitigkeit, diese zig schönen Erlebnisse abwechselnd mit der Rauheit einer Grossfamilie, die dann wieder in einen so zartfeinen Moment wechselte...
MUSIK & PODCAST
Viel Fahren, viel Musik. Hier meine liebsten Künstler und Künsterlerinnen, die uns auf unseren Kilometern musikalisch begleiteten: SYML, MEHRO, PATRICK WATSON, AIRE, ONEHEARTH REIDENSHI, FABRIZIO PATERLINI, PATENT OCHSNER, BEN CROSLAND.
Und ich habe auf dieser Reise den Podcast Villa Margaritha entdeckt, während ich Kilometer hinter uns liess (habs geliebt dieses Gefährt zu fahren. Evlt. werde ich im nächsten Leben Lastwagenfahrerin). Auch die Folgen von Muttern hab ich nachenglost oder den Podcast von Beziehungskosmos (wenn ich an die Wetterlage denke, war bei uns gefühlt ständig Gewitter - kleiner Insider).
KOSTEN ALL IN ALL
Ingesamt kostete dieses vierwöchige Abenteuer mit sieben Menschen
CHF 9'108.00 (könnte Kurs-Umrechnungsdifferenzen beinhalten). Diese Reise war für uns auch wortwörtlich ein Geschenk (und ab da assen wir nur noch Brot ;).
OH YES's
All die Begegnungen, Orte, an die wir niemals gekommen wären und nie so entdeckt hätten, dass 110 Liter Wasser über drei Tage ausreichen, überbewertete Körperhygiene, Rasieren sowieso, das Simple, das Pure, das Einfache. Neue schöne Rituale, intensive Familienzeit, 7x24x28 gemeinsam unterwegs sein zu dürfen. Man braucht so wenig um glücklich zu sein. Unser Zuhause ist riesig!
OH NO's
Camping verromantisiert, verpinteresiert und verinstagramt - differenzieren, ob man zu zweit oder zu siebt unterwegs ist. Jedes Mal zügeln. Die Tische in Betten umwandeln, die Campingstühle in die Dusche zügeln, die Trottis in Gang, die Früchte und das Gemüse über Nacht in den WC-Brünnli-Trog, ständiges Kopf und Knie anschlagen. Die nassfeuchten Kleider überall hinhängen, wo man was hinhängen kann. Begrenzter Freiraum im Innern, unbegrenzter Freiraum im Äussern (gehört zu den Oh Yes's), wenig Rückzugsort. All die Städte, die wir nicht besuchten, weil Reisetage anstrengend, weil mit fünf Menschenskindern wiederum nicht romantisch, weil Parkplatz-Problem.
Meist waren wir umgeben von Rentner-Pärchen. Die Bücher lesen und Weisswein trinken. Wollen. In Ruhe. Alle, die neben uns platziert waren, taten mir dann auch bizli leid.
Wieder zu Hause: Nach 11 Trommeln Wäsche hinter sich und vier vor sich, müde und erschöpft ins Bett fällt und kurz davor sich Socken überzieht (so schlafe ich extra gut) - es einem Sandkörner ins Gesicht spickt und man grad nicht abschätzen kann, ob das jetzt ein Oh Yes oder Oh No ist, weil es viele Erinnerungen weckte. Spätestens beim nächsten Punkt definitiv Oh Yesss.
RITUALE
Während dieser Reise entstanden unzählige schöne Herzensmomente, viele Familien-Insider, was wiederum dem Grossfamilien-Bonding gut tat und neue schöne Rituale wie "Häbetnech am Bänkli" - das Ein-Mal-Eins-Schleckzeug-Spiel, "ig, bi feeeertig mit gaggle"...
SENSITIVE
Wir haben bei uns in der Familie einige sensitive Menschen unter uns. Rückzug ist daher wichtig. Wir mussten uns dies bezüglich erst finden. Meist wenn wir an einem Ort ankamen - nach ein paar Stunden Fahrt - kams quasi vulkanartig raus.
Dennoch - wir haben viel Schutz erlebt, Gottes Schöpfung von einer noch nie gesehenen Schönheit entdeckt, sind an Orte gekommen, die uns überwältigt haben, und dass man auch am schönsten Ort der Erde sein kann und sich heftigst streitet und genau dann einem die verromantisierten Bilder in den Sinn kommen, und dass Pancakes mit Textur (aka Chlümpli) ebenfalls munden.
Und eben - ich sags nomau - auch wirklich realisiert, dass Campen romantisiert wird (oder es einfach niemand tut mit fünf Kindern). Und ich glaube wir sind laut. Sehr laut.
Doch es gab für alle auch viel zu verarbeiten. Der fehlende Rückzug war nicht immer einfach und das macht mich umso dankbarer und ja auch stolz haben wir es so gut gerockt.
SCHULGESUCH
Es hat uns zusammengeschweisst stellte ich erst im nach hinein fest und gezeigt, dass es nicht viel braucht. An die Schulen: ermöglicht solch intensive Familienzeiten ohne mit der Wimper zu zucken. Was gibt es für ein Kind besseres, als so intensiv mit seinen Eltern unterwegs sein zu dürfen (ok, das würden hier jetzt natürlich nicht alle Menschenskinder zugeben ;).
IN THE END
So kam es, dass nach einer internen Umfrage in unserer Familie sich alle (bis auf mich ;) einig waren: Keine Camping-Reise mehr. Obwohl: vor wenigen Tagen das Mädchen sich erkundigte, wann wir denn wieder campen gingen. Und ich habe die tiefe Vermutung, dass wenn die Menschenskinder davongewachsen sind, sie's gar nicht so unschön fanden.
VISION
Und weisst du eine solche Reise gibt neue Visionen und Inspirationen (und Flausen im Kopf ;). Es schenkt ein Vertrauen was man als Familie schafft und ja, wir haben da bereits eine neue Idee im Kopf und vor allem im Herz und ein neues Ziel worauf wir nun hin sparen (essen ja nun eh nur noch Brot ;).
HAPPY WEEKEND
PS: Das war unser letztes Familienbild des Trips und ich bestand darauf dieses aufzunehmen: "Mir fahre nid los, bevor mir es schöns Familiebiud wo aui luege u lache hei.". Schlussendlich fuhren wir nach zwei Meltdowns, einem kleineren Familienstreit und eine Stunde später ab - so zum Abschluss gell ;).
PPS: Hier findest du die detaillierte Berichte von Trip Part I (France, Spain, Portugal), Tripp Part II (Portugal, Spain) und Trip Part III (Spain, France).
PPPS: Fragen? Herzschmerz? Feedback? Gerne an contact@dbybaumann.ch.